Giuventetgna Rumantscha – GiuRu (Rätoromanen)

giuru

Adresse: PO Box 312

Ort: CH-7002 Chur

Telefon: +41 (0)79 390 94 66

Email:  giuru@giuru.ch

Webpage: http://www.giuru.ch

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Organisation

Die GiuRu ist die überregionale Jugendorganisatione auf dem rätoromanischen Gebiet in Graubünden. Zu den Hauptaufgaben der GiuRu gehört das Sponsoring. Das heisst, dass Projekte von jungen Rätoromanen finanziell unterstützt werden. Das sind in erster Linie kulturelle Projekte in den Bereichen Musik, Film, Theater und Literatur. Die GiuRu realisiert aber auch eigene Projekte und Workshops. Ausserdem ist die GiuRu die Herausgeberin der Jugendzeitschrift „Punts“. „Punts“ erscheint einmal im Monat, eine eingene Redaktion von etwa 7 Leuten ist bei „Punts“ ehrenamtlich beschäftigt. Im 2004 feierte „Punts“ („Brücken“) ihr zehnjähriges Jubiläum. Seit 1991 gibt es die GiuRu überhaupt und seit 1997 ist sie unter dem Dach der „Lia Rumantscha“. Im Moment hat die GiuRu ungefähr 120 Mitglieder. Davon sind etwa 15-20 aktiv.

Minderheit

Rätoromanisch ist eine vom Latein abstammende Sprache. Unter der Bezeichnung rätoromanische Sprachen werden das Furlanische, das Bündnerromanische und das Ladinische zusammengefasst. Das Bündnerromanische wird heute noch in einzelnen Gebieten des schweizerischen Kantons Graubünden gesprochen. Es gibt ungefähr noch 60 000 Sprecher und Sprecherinnen in der ganzen Schweiz. Rätoromanisch hat den Status einer offiziellen Sprache. Das Bündnerromanische wird weiter in fünf Idiome unterteilt, die alle auch geschrieben werden. Seit 1982 gibt es das „Rumantsch Grischun“ als Standartvariante.
Es gibt sehr viele lokale Jugendorganisationen, die aber zum Teil andere Ziele als die GiuRu haben. Im Moment sind wir dabei, enger mit diesen Organisationen zusammenzuarbeiten, was sich als sehr erfolgreich erweist. Es gibt außerdem eine Jugend-Organisation mit dem Schwerpunkt Film und viele ad-hoc Gruppen, die kulturelle Projekte organisieren. Wir arbeiten aber vermehrt auch mit deutsch-sprachigen Organisationen aus Graubünden und der ganzen Schweiz zusammen.

Siedlungsgebiet

Kanton Graubünden. Die Kerngebiete mit rätoromanischer Mehrheit liegen im Bündner Oberland (Surselva), in Mittelbünden (Oberhalbstein) und im Engadin/ Münstertal.

Geschichte

Mit der Besiedlung des Alpenraums durch die Römer um 15 v. Chr. entsteht ein Vulgärlatein rätischer Prägung, das sich allmählich zum heutigen Rätoromanisch entwickelt. Während der Reorganisation des Römischen Reiches im 3. Jh. n. Chr. wird das eroberte Alpengebiet in die beiden Provinzen Raetia prima und Raetia secunda eingeteilt. Um 536 kommt die Raetia prima als mehr oder weniger selbständiger Staat (Raetia Curiensis) zum Reich der Franken. 843 wird das Bistum Chur dem Erzbistum Mainz einverleibt. Damit wird die endgültige Ausrichtung Rätiens nach dem deutschsprachigen Norden eingeleitet. Zwischen dem 5. und 10. Jh. durchbrechen Alemannen und Bajuwaren die Grenzen und teilen die Rätoromania in drei Sprachinseln: Bündnerromanisch in der Schweiz, Dolomitenladinisch und Friaulisch in Italien. Im 9./10. Jh. untersteht das rätoromanische Sprachgebiet dem deutschen Kaiser. Im 13./14. Jh. siedeln sich deutschsprachige Walliser in den Hochtälern Graubündens an. Politisch gesehen reift im 15. Jh. die Eigenständigkeit Graubündens durch die Entwicklung vom Feudalsystem zur Demokratie. Mit dem Stadtbrand von Chur im Jahre 1464 geht die rätoromanische Metropole an die Deutschsprachigen verloren. Zur Zeit der Reformation und Gegenreformation kommt es zur Verschriftlichung des Rätoromanischen (1560, Bifrun). 1794 wird die Dreisprachigkeit proklamiert, und 1803 wird das Gebiet als “Kanton Graubünden“ Teil der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Zwischen 1850 und 1990 geht das Rätoromanische von 48% auf 23% zurück und besteht nur mehr in Sprachinseln von ungleicher Größe. Hauptgründe für den Rückgang: sprachliche und geographische Zersplitterung in fünf Schriftidiome und Sprachgebiete, Veränderung der Wirtschaftstruktur und die damit verbundene Migration sowie der Einfluß der deutschsprachigen Medien. Im Jahr 1938 anerkennen Volk und Stände das Rätoromanische als Nationalsprache der Schweiz. Dies führt zu einer zunehmenden Sensibilisierung für das Rätoromanische und zur verstärkten Förderung der gefährdeten Sprache durch den Bund und den Kanton Graubünden.

Politische Situation

Das Schweizer Sprachenrecht beruht im wesentlichen auf Artikel 116 der Bundesverfassung sowie auf Gewohnheitsrecht und Überlieferung (privater Bereich: Sprachenfreiheit, öffentlicher Bereich: Grundsatz der Unverschiebbarkeit der Sprachgrenzen/ Homogenität der Sprachgebiete). Auf Veranlassung der Bündner Parlamentarier hat der Schweizerische Bundesrat 1991 einen neuen Sprachenartikel der Bundesverfassung ausgearbeitet, der neben der gesetzlich verankerten Sprachenfreiheit, der Erhaltung bedrohter Landessprachen durch Bund und Kanton und der Förderung der Verständigung zwischen den Sprachregionen der Schweiz insbesondere auch die Aufwertung des Rätoromanischen von einer Nationalsprache zu einer Teilamtssprache vorsieht. Die vorgeschlagene Neufassung des Sprachenartikels steht kurz vor einer endgültigen Absegnung durch das Schweizer Volk. Im Kanton Graubünden ist das Rätoromanische seit 1880 neben Deutsch und Italienisch verfassungsrechtlich als Amtssprache verankert (Art. 46 KV). Faktisch wird aber die rätormanische Sprache gegenüber dem Deutschen und Italienischen stark vernachlässigt. Die Benachteiligung erwächst dem Rätoromanischen aber nicht zuletzt aus der sprachlichen Zersplitterung in mehrere Schriftformen. Dies könnte in den nächsten Jahren mit der 1982 neugeschaffenen Einheitssprache “Rumantsch Grischun“ eine Änderung erfahren. Im Gegensatz zu den übrigen Kantonen der Schweiz handelt der Kanton Graubünden nach dem Prinzip der Gemeindeautonomie: er überlässt es im wesentlichen den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, die Amts- und Schulsprache für ihren Bereich zu bestimmen. Die gesetzliche Verankerung des rätormanischen Sprachgebietes nach dem Muster der anderen drei Landesteile der Schweiz wird daher in Graubünden kaum realisierbar sein. Die Rätoromanen werden nach außen (Schweiz, Ausland) und gegenüber den regionalen und kantonalen Behörden und Institutionen in Graubünden durch die 1919 gegründete Lia Rumantscha (LR) vertreten. Die Lia Rumantscha ist die Dachorganisation aller rätoromanischen Vereinigungen und koordiniert die Tätigkeiten der ihr angegliederten acht regionalen bzw. überregionalen Vereinigungen. In den letzten Jahren hat die Lia Rumantscha ein integrales Sprachplanungskonzept entwickelt, das eine organische Entwicklung der Sprache und eine Normalisierung der Sprachsituation anstrebt. Dazu gehört neben der Verankerung der Sprache in den Sprachregionen auch die Standardisierung der Sprache.

Kultur

Als Kulturverband der Laienschauspielgruppen wirkt der Bündner Verein für Volkstheater (Uniun da teater popular/UTP). Daneben gibt es auch einige Berufstheatergruppen. Im Bereich Tanz und Musik reicht die Palette von den Trachten- und Volkstanzgruppen, Gesangschören, Volks- und Instrumentalmusikkapellen über Liedermacher bis hin zu Rock- und Popmusikgruppen. Die rätoromanische Literatur wird durch den rätoromanischen Schriftstellerverband (Uniun da scripturas e scripturs rumantschs/USR) vertreten. Im Bereich der Malerei und Bildhauerei hat die Rätoromania einige Künstler von internationalem Bekanntheitsgrad hervorgebracht (Aluis Carigiet, Mathias Spescha, Ursina Vinzens, Not Bott, Jacques Guidon, u.a.). Zur Tätigkeit der rätoromanischen Sprach- und Kulturvereine gehören u.a. auch jährliche Erwachsenenbildungskurse für Rätoromanen und Sommersprachkurse für Fremdsprachige. Dazu kommen die von der Lia Rumantscha organisierten “Scuntradas rumantschas“ (Begegnungswochen).

Bildung

Von den 213 Gemeinden Graubündens haben 67 Schulorte eine rätoromanische Grundschule. 58 Gemeinden führen eine oder mehrere Kleinkinderschulen (insgesamt ca. 80). In Chur führt die Lia Rumantscha einen weiteren rätoromanischen Kindergarten. Die schulsprachliche Situation in Romanischbünden ist sehr komplex und variiert regional und kommunal z.T. recht stark. Grundsätzlich führen all jene Gemeinden Graubündens, in denen das Rätoromanische 1860 noch die Mehrheit stellte (traditionelles Sprachgebiet) eine rätoromanische Grundschule. Von der 4. Schulklasse an wird Deutsch als Fach geführt, ab der 7. Klasse (Oberstufe) ist Deutsch Unterrichtssprache. Rätoromanisch wird nur noch als Fach (2-3 Stunden/Woche) geführt. 10 Gemeinden Graubündens (deutsch-romanische Sprachgrenzgemeinden) führen Rätoromanisch von der ersten Schulklasse an als Fach. In den Berufsschulen ist das Rätoromanische auf wenige Wochenstuden beschränkt. Seit 1999 kann am Gymnasium aber mit der Matura Billingua, der zweisprachigen Maturität in Rätoromanisch/Deutsch abgeschlossen werden. An der Bündner Frauenschule läuft zur Zeit ein Sprachmodell besonderer Art: jede(r) Schüler(in) spricht ihre (seine) Sprache und wird von den anderen verstanden. Ziel: Förderung der gelebten Dreisprachigkeit Graubündens. Am Bündner Lehrerseminar erhalten die angehenden Lehrerinnen und Lehrer rätoromanischer Muttersprache 4 Wochenstunden Unterricht in ihre Muttersprache. Rätoromanisch wird hier ferner in 2 Lektionen pro Woche in den Fächern “Didaktik des Rätoromanischen“ und “Didaktik der Biologie“ sowie als fakultative Fremdsprache erteilt. Auf Hochschulebene wird Rätoromanisch mit je einem Lehrstuhl an der Universität Zürich (Literatur) und Fribourg (Sprachwissenschaft) besetzt.

Medien

Nach schrittweiser Erweiterung sendet das rätoromanische Radio heute ca. 9 1/2 Stunden pro Tag. Im Bereich des Fernsehen wird dreimal wöchentlich auf dem Kanal der Deutschen und rätoromanischen Schweiz (DRS) eine 6-minütige rätoromanische Informationssendung ausgestrahlt. Einmal wöchentlich sendet das Schweizer Fernsehen ein 25-minütiges Magazin. Dazu kommen 8-mal jährlich zehnminütige Gutenachtgeschichten und 4-mal jährlich das Wort zum Sonntag in rätoromanischer Sprache. Im Bereich der Printmedien erscheinen vier regionale Wochenzeitungen sowie zahlreiche periodische Veröffentlichungen, Jahreskalender, Jahrbücher und Zeitschriften.

Wirtschaftliche Situation

Das Rätoromanische wurzelt in den landwirtschaftlichen Gegenden Graubündens, jedoch sind nur noch 6% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Nach dem letzten Krieg verstärkte sich, bedingt durch den Konjunkturaufschwung, die Abwanderung vom Land in die Stadt. Heute ist der wichtigste Erwerbszweig der Fremdenvekehr (mehr als die Hälfte des Volkseinkommens).

Sport

Im rätoromanischen Gebiet gibt es vor allem Eishockey- und Fußballvereine, die aber mehr an die Region und weniger an die Volksgruppe gebunden sind, auch wenn die Mehrheit der Mitglieder Rätoromanen sind.